Da wir hier ja eigentlich immer über Alleinflüge und Scheinerwerbe berichten, fällt mir heute eine etwas seltsame Aufgabe zu: ich muss über mich selbst schreiben. Denn ich habe meinen Ultraleicht-Schein wieder aktiviert.
Vor ungefähr 20 Jahren flog ich noch auf der Schäfhalde Segelflugzeuge und hatte mich entschlossen, auch mit dem Ultraleichtfliegen anzufangen. Das ging damals mit fünf Flugstunden und ohne Prüfung. Die Umschulung hatte ich am Hornberg auf einer C-42 gemacht. Am Messelberg hat mich dann Rolf Mayer auf seiner CT weiter ausgebildet, und mir und meinem Kumpel Hermann das Flugzeug auch zum Fliegen ausgeliehen. Als die Fliegergruppe dann selbst eine CT bekam, bin ich in den Verein eingetreten. Kurz danach habe ich dann auch meine Segelfliegerei an den Messelberg verlegt.
Ich bin damals insgesamt um die 50 Stunden mit der CT geflogen. Dann ist das UL Fliegen aber wieder eingeschlafen, wohl vor allem deshalb, weil ich seitdem sehr viel segelgeflogen bin. Mit dem Wechsel an den Messelberg hatte ich mir auch mein erstes eigenes Segelflugzeug gekauft, eine ASW-27, die „42“. Ich hatte einfach keine Zeit und Energie für das motorgetriebene Fliegen. Mangels Übung bin ich damit nie so richtig warm geworden und habe es konsquenterweise wieder aufgegeben — wenig fliegen ist der Sicherheit und dem Spaß nicht zuträglich.
Dieses Jahr, seit wir diese wunderschöne Dynamic im Verein haben, ist mir der Appetit dann aber doch wieder gekommen. Mitte September habe ich mit der Schulung begonnen. Formal war ich kein richtiger Flugschüler, denn ich hatte ja die Pappe. Aber da ich die erforderlichen zwölf Flugstunden in den letzten 24 Monaten natürlich nicht hatte, musste ich unter Aufsicht eines Fluglehrers fliegen. De facto wusste ich sowieso nix mehr von „damals“ und war quasi ein neuer Segelflug-nach-UL-Umschuler.
Seit gestern habe ich nun meinen „neuen“ UL-Schein und freue mich auf viele schöne Flüge nächstes Jahr. Ich bedanke mich bei meinem Fluglehrer Günther Stübler für die gute …. ok, halt. Günne. Unser UL Fluglehrer. Der macht das wirklich super, und das muss jetzt mal etwas genauer beleuchtet werden. (Man beachte den Versuch des Pressereferenten, nicht mehr über sich selbst schreiben zu müssen).
Günnes erste Amtshandlung? Er schickte mir ne Email mit sämtlichen Handbüchern zu Flugzeugen und Motor, plus die Checklisten. Sehr gut, da freut sich der Theoretiker! Danach die Boden- und Cockpit-Einweisung. Nach einer knappen Stunden Gespräch über Motor, Drehzahlen, Propellerverstellung, Ölstände und etwas seltsam anzeigende Tankanzeigen sind wir gestartet und haben uns gleich mal mit Langsamflug und den Anzeichen für den Stall bei verschiedenen Klappenstellungen beschäftigt. Danach sind wir am ersten Tag um die zehn Platzrunden geflogen, und nach ungefähr sieben davon hat das sich wiederholende „mehr abfangen, Knüppel ganz durchziehen, auf keinen Fall nachlassen“ von rechts beim Flugschüler endlich gefruchtet. Das war’s für den ersten Tag. Am zweiten Schulungstag eine Woche später dann der Start ohne Klappen, die Landung mit verschiedenen Klappenstellungen und, nachdem der Flugschüler das mit dem Abfangen nachweislich verinnerlicht hatte, die drei Alleinflüge. Auch wenn ich ja vor 20 Jahren schonmal meinen ersten Alleinflug mit dem UL hatte, war es natürlich trotzdem ein wichtiger Meilenstein!
Mitte der darauffolgenden Woche kam eine Email von Günne, dass ich doch mal den im Rest der Mail skizzierten Flug um Stuttgart vorbereiten solle, denn den würden wir bei nächster Gelegenheit fliegen. Die Herausforderung? Navigation ohne GPS und Moving Map, und Zwischenlandungen bzw. Anflüge auf diverse Flugplätze. Es ging von Donzdorf nach Oppingen, Ehingen, Marbach, Reutlingen, Gerlingen, Kornwestheim, Ludwigsburg, Völkleshofen, Löchgau, Morbach, Oberrot, Welzheim, Lorch und dann zurück. Die Anflüge auf Morbach und Oberrot hatten es dabei in sich, denn die Plätze sind echt kurz!
Nach gut zwei Stunden waren wir wieder am Messelberg und von rechts kam: „Haste noch Energie?“. Der Flugschüler erwidert pflichtbewusst (und schlimmes befürchtend), „ja, geht schon noch“, worauf Günne antwortet: „Gut, dann machen wir noch ne Notlandeübung ohne Motor“. Ich wusste ja, dass das irgendwann kommen würde, aber wenn es dann still wird und der Prop steht, ist das schon ein seltsames Gefühl. Ja, auch für einen Segelflieger, der diese Antriebslosigkeit ja gewöhnt ist. Denn im Gegensatz zum Segelflugzeug hat das UL ja keine Bremsklappen, mit denen man bei der Landung den Gleitwinkel steuern kann um den Beginn der Bahn zu treffen. Es muss beim UL einfach „passen“ — notfalls kann man den Motor natürlich auch wieder anlassen. Ungefähr 600 m über dem Platz haben wir den Motor also abgestellt und ich habe mir durch zwei Vollkreise den ungefähren Gleitwinkel erflogen. Danach dann direkt in den Queranflug, Kurve in den Endteil …. reichts? Motor an? …. nee, das reicht … und kurz danach aaaaaaaabfangen und Landung. Interessante Erfahrung!
Damit waren die wichtigsten Meilensteine der Ausbildung abgeschlossen. Am darauffolgenden Wochenende hat mir Günne dann Flugaufträge gegeben. Am Freitag ging es dann also Richtung Kaiserslautern und auf dem Rückweg über die Stadt Stuttgart — da kommt man ja als Segelflieger wegen der Lufträume nie hin. Am Samstag war der Flieger auch frei, und ich habe weiter an den zwölf Stunden „gearbeitet“. Es ging früh morgens über den Starnberger See an die Zugspitze und über den Bodensee und die Südwestalb wieder nach Hause. Auf dem Weg hat der gewissenhafte Flugschüler natürlich noch ein paar Anflüge auf diverse Plätze eingebaut und auf dem Messelberg noch drei Platzrunden geflogen.
Nächste Herausforderung? Landung auf einem kontrollierten Platz. Einer? Nein, natürlich gleich drei, in einem Flug: „Hi Schogglad, kannst Du mal einen Flug Donzdorf -> Memmingen -> Augsburg -> Schwäbisch Hall oder andersrum vorbereiten?“ Klar, kein Problem 🙂 Anbei dann gleich wieder ein Stapel Unterlagen. Eine Präsentation zum Verhalten in Kontrollzonen und Vorlagen für den nötigen Funkverkehr. Plus Vereinszugang zur AIP dass ich an die Anflugkarten komme. Vorbereitung: check!
Der darauffolgende Samstag. Es war kräftiger Ostwind angesagt, aber gut, so lang er direkt auf der Bahn steht, kein wirkliches Problem. Um 08:30 war ich auf dem Flugplatz. Flieger rausgeholt, vollgetankt und … es zogen fast aufliegende Wolken rein. Gleich mal Günne getextet, dass er sich noch Zeit lassen kann. Um halb 10 war er dann doch da, hochmotiviert, gut gelaunt, optimistisch. Das Wetter war inzwischen etwas besser, mit blauen Löchern über dem Platz. Im Süden, Richtung Memmingen und Augsburg, aber immer noch Nebel. „Wir könnten eigentlich auch mal um Frankfurt fliegen, oder? Du brauchst ja eh noch Stunden!“ Ja klar, könnten wir. „Und dann schauen wir unterwegs wo wir landen.“ Gut, also um Frankfurt. Flieger gecheckt, zur Bahn gerollt, nach nicht-so-arg-viel Rollstrecke dank des Gegenwinds in der Luft, und dann bald früh links weg ins bessere Wetter und ab nach Nordosten. Der Wind hat uns zeitweise eine Ground Speed von ganz knapp unter 300 km/h beschert. Cool 🙂
Während des Flugs unter dem Charlie von Stuttgart haben wir geschaut, was sich anbietet zur Zwischenlandung. Wir haben uns für Mainz-Finthen entschieden. Zwar kein kontrollierter Platz, aber immerhin ne fette Asphaltbahn. Als wir uns dann per Funk angemeldet haben stellte sich heraus, dass diese grade saniert wird, und wir auf die Grasbahn daneben müssen. Schade! Dafür gabs im Queranflug (gar nicht so hoch) über uns Airliner zu bestaunen, die im Endteil auf Frankfurt waren. Gelandet, vom Follow-Me in Schrittgeschwindigkeit zum Tower gefahren um die Landegebühr zu bezahlen, zurück per Follow-Me zum Flieger, und ab in die Luft. Wir sind dann entlang der Nordseite der Wiesbadener Kontrollzone nach Osten geflogen und dann leicht südlich, in Richtung der CTR Frankfurt. Das war spannend, den erstens hat man rechts schön die Frankfurter Skyline gesehen, und zweitens war der Charlie mit 1500 Fuß so niedrig, dass man nur zweihundert Fuß Platz hatten zwischen dessen Untergrenze und der Sicherheitsmindesthöhe über dem Gelände des leicht ansteigenden Taunus. Da ists gut wenn man zu zweit unterwegs ist: einer fliegt präzise, der andere kümmert sich um das Big Picture.
A propos Big Picture. Günne, nachdem er ein bisschen mit seiner Wetter-App herumgespielt hat: „Du Schogglad, Augsburg ist jetzt frei. Machen wir noch, oder?“ Klar! Jener Schogglad freut sich darauf, die Funkerei die er vor 33 Jahren beim BZF mal gelernt hat, endlich mal an einem kontrollierten Platz anzuwenden. Denn als Segelflieger braucht man das einfach nicht. Jener Schogglad ist aber auch ein bisschen nervös, denn Übung hat er mit der Funkerei Null. Nach ner Stunde Fünfzehn Richtung Ost-Süd-Ost ging’s los: „Ausburg Tower, Delta Mike Fox Golf Delta, eine WT-9, VFR von Mainz-Finthen, 5 Minuten vor November 1 in 2700 Fuß, Information Papa, zur Landung“. Über November 1 dann wieder gemeldet und direkt die Freigabe in den Queranflug für die 07 erhalten. Wichtig: erstmal noch schnell bleiben, damit wir nicht den ganzen Verkehr aufhalten. Nach der Meldung im Queranflug kam dann die Freigabe zur Landung und, jawohl, die Bahn ist echt breit und lang. Sehr cool! Dann: „D-GD, rollen Sie via Charlie und Mike zum Vorfeld Allgemeine Luftfahrt, abstellen können Sie vor dem Vision Jet, das ist der mit dem V-Leitwerk“. Weiß ich doch 🙂
Auch hier haben wir die Landegebühr bezahlt, ein bisschen „Richtiger Flughafen“-Feeling genossen und sind dann gleich wieder gestartet. Rollfreigabe, Melden am Rollhalt, „Start frei“, und dann entlang von Oscar 2 und Oscar 1 ausgeflogen. Nach einer halben Stunde waren wir wieder zurück am Messelberg. Die Landung auf der jetzt vergleichsweise schmalen Bahn hat auch funktioniert. Flieger geputzt, Papierkram, fertig für den Tag. Sehr cooler Flug, und: ich habe meine zwölf Stunden zusammen. Am Montag danach ging der Antrag zur Erneuerung meines Scheins in die Post.
Auf dem Messelberg wird ja manchmal gewitzelt, dass Günne nicht geradeaus fliegen kann. Ihm eilt der Ruf voraus bei jedem Ausbildungsflug, sei es im UL oder dem Segelflugzeug, irgendeine Besonderheit einzubauen: Kastenfliegen, Rückenwindlandung, „Du Wenne, der Schogglad möchte unbedingt mal im Schlepp landen“, Landung mit stehender Latte. Aber bei aller Witzelei: man fühlt sich hinterher einfach auch richtig gut ausgebildet. So geht Fluglehrer! Vielen Dank Günne! Ich bin sicher (ich habe ein paar gefragt :-)) ich spreche auch im Namen der über 20 anderen Piloten, die die Günne-UL-Piloten-Pipeline dieses Jahr schon erfolgreich produziert hat!