Als Segelflieger haben wir ja eine ganz besondere Beziehung zu Vögeln, vor allem zu den großen. Denn wir treffen sie regelmäßig während des Fluges, unter den Wolken, wo sie, genau wie wir, die Thermik ausnutzen um zu steigen. Bussarde treffen wir regelmäßig hier bei uns, Adler sind hier seltener aber in Südfrankreich durchaus üblich.
Die Vögel haben ein untrügliches Gespür für Aufwinde und schaffen es meist, den Bart perfekt zu zentrieren und lange ohne Flügelschläge zu kreisen. Wir Segelflieger fliegen dann sofort hin und versuchen, den Bart zu „schnorren“. Meist steigen die Vögel sofort weg, denn sie sind leichter und können engere Kreise direkt im Zentrum des Barts fliegen. Aber manchmal fliegen wir ein paar Kreise im selben Aufwind und schauen uns gegenseitig an. Für viele von uns ist das ein ganz besonderer Moment.
Weil uns das fliegen in der Thermik Spass macht unterstellen wir den Vögeln dasselbe: dass sie bei gutem Wetter auch einfach zum Spass die Thermik zum kraftlosen Flug nutzen. Aber ist das wirklich so? Oder anthropomorphisieren wir die Tiere damit zu stark?
Der Verdacht liegt ja erstmal nahe. Hunde rennen ja auch zum Spass in der Gegend rum, warum sollen dann Vögel nicht auch zum Spass fliegen. Und die Theorie dass die Greifvögel aus 2000 Metern Höhe mit ihren sprichwörtlichen Adleraugen Mäuse sehen ist Unsinn. Ich habe mal ausgerechnet, was die theoretisch bestmögliche Auflösung für ein Auge der Größe 2 cm ist: 8 cm. Damit wäre eine Maus grade so als „ein Pixel“ erkennbar. Und das ist das physikalische Maximum! Ich glaube nicht dass ein tierisches Auge da rankommt. Und außerdem: wenn er die Maus sieht, müsste er ja erstmal aus 2000 m hinunterstürzen. Der schnellste Vogel, soweit ich weiß eine Falkenart, wird im Sturzflug bis zu 300 km/h schnell. Aber für die 2000 m bräuchte er dann trotzdem 25 Sekunden. Die Maus wäre schon lange weg. Macht also alles keinen wirklichen Sinn.
Ich habe diese Woche einen Falkner besucht. Ich habe ihn gefragt, was er zu der Frage denkt. Er meinte, dass wildlebende Vögel nicht zum Spass fliegen, denn das verbraucht Energie; und die muss man sich wieder teuer erjagen (das ist übrigens auch der Unterschied zum Hund, der weiß ja, dass sich der Napf automatisch immer wieder füllt). Falkner Michael bestätigte, dass Jagen aus 2000 m keinen Sinn macht. Was also dann? Er meinte, die Vögel fliegen da oben um ihr Revier zu markieren. Wenn ein anderer Greifvogel eindringt, dann sehen sie das von da oben (physikalisch plausibel!) und können den Eindringlich angreifen.
Ich fragte ihn ob die das vor allem bei schönem Wetter machen. Er meinte ja, denn dann können sie aufgrund der Thermik mit weniger Energie fliegen. Ob die dabei Spass haben, fragte ich dann. „Naja, das wissen wir nicht wirklich“.
Jetzt bin ich ein bisschen enttäuscht. Irgendwie hätte ich mich für meine gefiederten Fliegerkameraden gefreut, wenn sie auch Spass am Fliegen hätten. Und, wer weiß. Vielleicht ja doch. Hier die Reaktion eines (menschlichen) Fliegerkameraden auf Whatsapp heute morgen:
Vor ca 2 Wochen bin ich minutenlang mit 2 Milanen gekurbelt, die eine Menge Spaß mit sich selbst und mit uns Segelfliegern hatten. Ich habe in 2000m unter der Basis sogar noch die Klappen raus um noch länger mit ihnen fliegen zu können…. vielleicht sollte der Falkner mal mitfliegen 🌤️ … ich bleib dabei, zumindest Milane haben eine Menge Spaß am Fliegen😎
Weitere Bilder gibt’s hier.