Wenn man die praktische Prüfung bestanden hat und seinen Schein in den Händen hält, dann ist die Ausbildung beendet. Zumindest formal. Es gibt den schönen Spruch, dass der Luftfahrerschein die Lizenz zum Weiterlernen ist. Triffts ganz gut. Beim Segelfliegen ist dieses Weiterlernen meist die Streckenfliegerei, also der strategische und taktische Umgang mit dem Wetter und der Thermik. Bei der Motorfliegerei ist es das (weite) Wegfliegen, insbesondere ins Ausland.
Ich habe vor einigen Monaten meinen Motorflugschein gemacht — darüber haben wir auf der Webseite nicht berichtet, denn ich schreibe ungern über mich selbst. Aber der Flug gestern demonstriert ganz gut, wie es nach dem Schein weitergehen kann, deshalb schreibe ich jetzt doch was. Wir sind gestern nach Trento geflogen, eine 100.000-Einwohner-Stadt in Italien südlich von Bozen. Im restlichen Artikel beschreibe ich, was bei so einem Flug die Herausforderungen sind, und was ich dabei gelernt habe.
Es gibt drei zentrale Aspekte: Alpen, Flugplan und Funken, plus die damit zusammenhängende Flugvorbereitung.
Die Alpen stellen ja bekanntermaßen eine Wetterscheide dar: oft ist es im Norden schön und im Süden schlecht, oder andersherum (öfters :-)). Man muss sich also einen Tag aussuchen, an dem das Wetter auf beiden Seiten der Alpen gut ist. Das war gestern der Fall. Zwei weitere Wetteraspekte haben auch mitgespielt: eine Gewitterneigung gab es nicht, und der Wind war auch schwach, man muss sich also nicht besonders mit starken Abwindfeldern im Lee der Berge beschäftigen.
Ein weiteres Thema bei den Alpen sind die hohen Berge (ja, wirklich :-)): man muss entweder entsprechend hoch fliegen (um einfach geradeaus drüber düsen zu können), oder, wenn man wie wir ein nicht allzu üppig motorisiertes Flugzeug fliegt, den Tälern nachfliegen. Das bietet sich auch deshalb an, weil man bei Motorausfall vielleicht die Chance hat, die Kiste auf einer Talwiese ohne Totalschaden herunterzubekommen. Wir haben uns entschieden, über Imst, Ötztal und Timmelsjoch zu fliegen. Das Timmelsjoch ist 8.200 Fuß hoch, und mit der Bristell kommen wir (mit viel Geduld) auf 9.500. Bei schwachem Wind — ohne Lee im Anflug auf den Pass — ist diese Höhendifferenz ausreichend.
Für Flüge ins Ausland ist außerdem ein Flugplan nötig. Flugpläne sind quasi „Anmeldungen“ des Flugs bei der Flugsicherung. Man gibt an von wo nach wo man fliegen möchte, welche Route man geplant hat, und wann man plant zu starten. Man registriert außerdem, welches Navigations-, Funk,- und Rettungsequipment man an Bord hat. Nach dem Start muss eine Startmeldung abgegeben werden, die Flugsicherung verfolgt dann den Flug bis zum Ziel. Nach der Landung muss der Flugplan dann — meist telefonisch — auch wieder geschlossen werden. Um auf das „Lernen“ zurückzukommen: ich habe noch nie einen Flugplan aufgegeben. Mit ein bisschen Unterstützung von Harry und Paddy hat das aber gut funktioniert.
Losgeflogen sind wir vier — Harry, Cindy, Paddy und ich, mit Harry’s RV-4 und der Bristell des Vereins — am Samstag um 08:00 Uhr. Wir wollten die Berge durchfliegen bevor es dort thermisch allzu aktiv wird. Nach der Aktivierung des Flugplans per Funk sind wir Richtung Alpen geflogen, kontinuierlich langsam steigend, um am Anfang der Alpen die notwendigen 9.500 Fuß erreicht zu haben.
Bis dorthin wurden wir von Langen Information „betreut“, einer Fluginformationsstelle der deutschen Flugsicherung. Nach Überquerung des Lechtals wird dann Innsbruck Radar zuständig. Da man dort potentiell in der Anflugroute für Airliner herumfliegt, wollen die mit allen Flugzeugen reden, die dort in der Gegend unterwegs sind. Innsbruck bittet uns, den Einflug ins Ötztal zu melden. Als wir das tun übergibt uns Innsbruck Radar an Wien Information. Leider waren die in unserer Flughöhe nicht zu empfangen, und wir haben deshalb Bozen Tower gerufen. Da hat erstmal auch keiner reagiert, aber nach 10 Minuten „Funkstille“ haben wir Bozen funktechnisch erreicht. Von da an mussten wir Englisch funken, was Paddy und ich aber gut hinbekommen haben.
Das Timmelsjoch haben wir sicher überquert, und wir sind weiter nach Süden, Richtung Bozen. Dort wollte der Lotse ein paar Positionsreports („abeam the airport“ und „abeam reporting point Sierra 1“) aber sonst war das alles auch problemlos. Nachdem wir Sierra 1 passiert hatten, haben wir uns mit 800 Fuß pro Minute Richtung Trento gestürzt, die viele Höhe mussten wir jetzt zügig wieder loswerden. Am Beginn des Sinkflugs haben wir dann zu Trento Tower gewechselt. Wir vorgeschrieben haben wir uns über den beiden nördlichen Pflichtmeldepunkte gemeldet und sind dann, nach Anweisung von Trento Tower, in den linken Gegenanflug auf die Landebahn 36 gegangen. Nach knapp 2 Stunden Flugzeit sind wir auf der langen und breiten Bahn „uneventful“ gelandet. Den Flugplan hat der Lotse auf dem Tower in Trento für uns geschlossen. Harry und Cindy waren übrigens schon da, die haben mit der RV-4 nur gut eineinviertel Stunden gebraucht. Neid 🙂
Wo wir schonmal in Italien waren haben wir ein bisschen Tourist gespielt: Cappuccino, Pizza, Gelato, Altstadt. Gegen 15:30 waren wir wieder auf dem Flugplatz und haben den Rückflug geplant. Wegen der deutlich höheren Temperaturen haben wir uns entschieden über den Brenner zu fliegen, denn dort reichen 8.500 Fuß (oder zur Not auch weniger) um mit genügend Höhenreserven sicher zu fliegen. Also: Skydemon aufmachen, Strecke planen, NOTAMS anschauen, nochmal das Wetter checken, Wegpunkte raussuchen und Flugplan aufgeben.
Um 16:45 sind wir bei 35 Grad im Schatten zum Flieger gewatschelt, haben einen Vorflugcheck gemacht und nach einem problemlosen Start den langen beschwerlichen Weg auf 8.500 Fuß begonnen. Bei Bozen waren wir in 7.000, die 8.500 haben wir dann bei Fortezza erreicht.
Spannend war auf diesem Flug nochmal der Durchflug durch die Innsbrucker Kontrollzone. Denn dort gibt es neben verschiedenen Pflichtmeldepunkten auch vordefinierte Durchflugrouten, wieder mit dem Ziel, uns „Hobbyflieger“ von den Airlinern fern zu halten. Wir haben, wie gewünscht, den Durchflug von Süden nach Westen genehmigt bekommen. Während wir dann Richtung Meldepunkt Whiskey 1 (W für Westen) unterwegs waren, hat uns der Lotse gebeten, direkt („so schnell wie möglich“) auf die Tal-Nordseite zu wechseln, denn es würde gleich ein Instrumentenanflug reinkommen. Klar, kein Problem, passt uns eigentlich auch ganz gut. Dort angekommen hat er uns auch gleich „rausgeworfen“ und an Langen Information übergeben. Die haben uns dann vollends bis nach Hause begleitet. Nach zweieinviertel Stunden — Gegenwind! — sind wie wieder auf dem Messelberg gelandet.
Resümee? Schon cool wenn man mal kurz so nach Italien fliegt, der Cappuccino war echt lecker. Flugplan? Eigentlich kein Problem, wenn man den einen oder anderen Tipps beherzigt (Harry: „Nimm IFR-Wegpunkte für die Routenabschnitte, das ist am einfachsten einzugeben“). Funken? An der einen oder anderen Stelle hätte ich mich besser an die Sprechgruppen halten sollen, aber sonst eigentlich auch kein Problem. Alpen? Bei perfektem Wetter und nach entsprechender Vorbereitung auch gut machbar; ich kenn’s ja auch vom Segelfliegen. Und sonst? Es ist gut, wenn man sowas nicht alleine macht. Das Teamwork im Cockpit mit Paddy hat super funktioniert und viel Spass gemacht.
Machen wir wieder 🙂