Text/Bilder Christoph Kurz

Man kann es inzwischen Tradition nennen: Auch in diesem Jahr bin ich gemeinsam mit Johannes, ebenfalls leidenschaftlicher Segelflieger der Flugsportgruppe Wangen-Kißlegg e.V., nach Georgien gereist. Jedes Mal aufs Neue faszinieren mich die georgischen Traditionen, die reiche Kultur und vor allem die außergewöhnliche Gastfreundschaft der Menschen. Bei unserem letzten Aufenthalt bekam die Reise eine besondere fliegerische Note – und damit für uns ein weiteres Highlight.

In Tbilisi, der Hauptstadt Georgiens, trafen wir den georgischen Unternehmer und passionierten Luftsportler Bidzina. Er besitzt eine Motorfluglizenz, machte vor sechs Jahren in Frankreich seine Segelfluglizenz und verbringt gefühlt jede freie Minute beim Gleitschirmfliegen. Anders gesagt: Langeweile ist für ihn ein Fremdwort! Bei einem Gespräch über unser gemeinsames Hobby lud er uns ein, den „schönsten Spot zum Gleitschirmfliegen“ in der eindrucksvollen Bergregion Svaneti im Großen Kaukasus kennenzulernen und natürlich sollten wir dorthin fliegen. Geplant war ein Flug mit seiner Cessna 206 Stationair von Tbilisi zum rund 250 Kilometer entfernten Mestia, ein Angebot, das wir als Natur- und Luftfahrtbegeisterte selbstverständlich nicht ausschlagen konnten.

Am Mittwoch war es dann soweit. Das Wetter hätte nicht besser sein können – klare Sicht über das gesamte Land, was in Georgien wegen dem feuchten und milden Klima eher selten ist. Wir trafen uns am Flugplatz Natakhtari, einem kleinen Regionalflughafen außerhalb von Tbilisi. Unser „Lufttaxi“, eine Cessna 206, stand bereits vollgetankt und gecheckt auf dem Vorfeld. An diesem Tag begleitete uns Georgi, Fluglehrer und ehemaliger Militärpilot mit über 5.000 Flugstunden Erfahrung.

Der Start erfolgte über die Piste 28 in westlicher Richtung, vorbei an der Stadt Gori. Hier zeigte sich eindrucksvoll die landschaftliche Vielfalt Georgiens: Zwischen dem Großen und dem Kleinen Kaukasus spannt sich eine abwechslungsreiche Mittelzone aus Ebenen, Hügeln und Flusstälern. Im Norden erheben sich die vergletscherten Kämme des Großen Kaukasus, während im Süden die sanfteren, vulkanisch geprägten Höhenzüge des Kleinen Kaukasus beginnen. Dazwischen liegen Wälder und Weinbaugebiete, die das Bild einer Übergangslandschaft zwischen Gebirge und Schwarzmeerklima prägen.

In Georgien wird ausschließlich mit Flugplan und stetigem Kontakt zu Tbilisi Information geflogen. Der Unterschied zur deutschen FIS: Auf der Frequenz ist fast nichts los. Neben uns war landesweit noch ein einziges Luftfahrzeug auf der Frequenz. Nachdem wir ein Sperrgebiet umflogen hatten, ging es in 12.000 ft (ca. 3.650 m) über den Ambrolauri Airport direkt in den Großen Kaukasus. Vor uns erhoben sich die ersten hohen Kämme und Gletscher des zentralen Gebirgszugs, der Georgien nach Norden hin begrenzt. Die bewaldeten Hügel gingen rasch in steilere, felsige Hänge über, bis die Landschaft vollständig von schroffen Gipfeln geprägt war. Berge über 5.000 m sind hier keine Seltenheit. Besonders beeindruckend war der Blick auf den Elbrus, mit 5.642 m der höchste Berg des Kaukasus und ganz Europas. Selbst aus der Ferne ist seine schneebedeckte Doppelspitze ein unverkennbarer Orientierungspunkt am Nordhorizont. Ein Anblick, der einem erst die gewaltigen Dimensionen dieser Gebirgswelt bewusst macht.

Bidzina, der neben seiner Rolle als Pilot auch als unser privater Guide fungierte, versorgte uns während des Flugs mit spannenden Hintergrundinformationen zur Region und zum Fliegen in diesem Gebiet. Nach dem Passieren des Lahili Mountain, gingen wir in den Sinkflug für den Queen Tamar Airport (UGMS) in Mestia. Der Anflug führte uns im direkten Endanflug entlang einer Hangkante spektakulär auf die Piste 02. Schon im Anflug fielen die markanten steinernen Wehrtürme von Mestia ins Auge, die das Landschaftsbild seit Jahrhunderten prägen.

Mestia liegt auf rund 1.400 Metern Höhe im Zentrum Svanetis. Inmitten schneebedeckter Gipfel und Gletscher vereint der Ort Tradition und Moderne: Urige Bauernhäuser stehen neben kleinen Hotels und Cafés. Trotz seiner Abgeschiedenheit ist Mestia ein kulturelles Zentrum des georgischen Hochlands und Ausgangspunkt für den modernen Bergtourismus. Am Flughafen wurden wir von Rezi, den Gewinner des Turkish Pre World Cup im Gleitschirmfliegen, abgeholt. Mit seinem Mitsubishi Pajero ging es auf abenteuerliche Weise über komplett unwegsames Gelände steil den Berg hinauf. Man merkte, er fuhr diese Strecke nicht zum ersten Mal. Oben angekommen, standen wir schließlich an dem wohl schönsten Spot zum Gleitschirmfliegen in Georgien – ein unvergesslicher Moment. Um euch ein paar Eindrücke zu geben, habe ich hier eine kleine Bildersammlung zusammengestellt.

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