Max Kollmar hat ein Ziel erreicht, das er seit langem verfolgt hat: 1000 km mit dem Segelflugzeug. Und das gleich zwei Mal

Samstag, 16. Mai. Das Wetter war schon seit ein paar Tagen gut vorhergesagt, und Max war bereits am Freitagabend auf dem Flugplatz um sein Flugzeug aufzubauen. Denn er wollte früh los. Auf WhatsApp fragte er, ob ihn jemand um 9:30 Uhr schleppen könnte. Denn um zehn wollte er abfliegen um gegen halb elf bei der Hahnweide zu sein, um sich dort mit seinem Kumpel Max Schäfer zu treffen. Gemeinsam hatten sie ein 1000 km FAI Dreieck ausgeschrieben. Es ging los die Alb hinunter, Ziel Schwarzwald. Doch schon bei Reutlingen war klar: das wird nichts. Richtung Westen ist es komplett blau. Es gibt zwar auch Thermik bei wolkenlosem Himmel, aber die ist schwerer zu finden und üblicherweise schwächer. Für 1000 km taugt das nicht. Also umdrehen, und die Alb wieder hoch.

Im Osten war es allerdings auch nicht so toll, wie man am leicht frustrierten Ton im Funk hören konnte: „Basis geht runter auf 1400, und es läuft breit.“ Also abbiegen nach Norden. Nach einer kurzen Durststrecke bis ungefähr Ellwangen ging es dann richtig gut. Zwar nur sehr wenige Wolken, die dann aber mit sehr gute Steigwerten. Zwischen Würzburg und Bamberg wurden die Wolken immer weniger. Max hatte inzwischen seinen Kumpel Markus eingeholt, und gemeinsam beratschlagten sie, leicht resigniert und planlos, was zu tun sei. Sie beschlossen Richtung Burg Feuerstein und dann Richtung Bayreuth abzubiegen. Da war es zwar erst mal blau, am Horizont lockten aber schöne Wolken. Und umdrehen wäre auch doof, morgens um halb 12. Langsam und zeitweise relativ niedrig ging es vorwärts, Max schoss mit seiner Rakete Markus‘ wasserloser 29 davon. Zu diesem Zeitpunkt hatte er seine Tausender-Pläne aufgegeben, und war auch nicht mehr in Kontakt mit Max 2.

Ein bisschen Kontext. 1000 km wurden auf der Messelberg 1990 das letzte Mal geflogen. Gerhard Walter schaffte die magische Strecke mit seinem Ventus CT und mangels GPS und Logger noch mit Meldeformular, Sportzeuge, Barograph und SW-Fotos. Im Prinzip sind 1000 km ganz einfach, wie Max am Abend leicht ironisch erklärt: man muss einfach nur 10 Stunden lang in die Kiste sitzen und einen Hunderter Schnitt fliegen. Bei gutem Wetter ist mit den heutigen Flugzeugen ein Schnitt von 100 Streckenkilometern pro Stunde eigentlich kein Problem. Und wenn man sich 10 Stunden konzentrieren kann, dann werden’s 1000. So einfach ist es natürlich nicht — weswegen es auch 30 Jahre gedauert hat seit den letzten 1000 auf dem Messelberg. Denn früh morgens und spät abends sind die 100 km/h nicht zu machen, man muss also während des Tages deutlich effizienter fliegen um dies zu kompensieren. Und man darf nur ganz wenige Fehler – also ausgraben aus tiefer Höhe – erlauben, und das ist über 10 Stunden nicht einfach. Wie in vielen Sportarten ist auch hier der mentale Aspekt nicht zu vernachlässigen. Und dann kommen so ganz praktische Dinge dazu: das Equipment muss funktionieren, und man braucht jemand der Ihnen einen morgens zur idealen Zeit schleppt. Und natürlich muss das Wetter passen, denn das ist der maßgebliche Faktor für die Geschwindigkeit. Und zwar nicht nur lokal, sondern großflächig. Ein 1000 km Dreieck bringt einen über Alb, Schwarzwald, Rhön, Bayerischen Wald und Thüringer Wald.

Zu guter letzt, die Flugtaktik. 2016 haben Max und Markus gemeinsam ungefähr 950 km geflogen — es hat also nicht viel gefehlt. Am Abend hatte es dann aber nicht gereicht, weil „die Schenkel ausgegangen waren“. Um gewertet zu werden, darf der Flug aus maximal sechs zusammengesetzten Teilstrecken bestehen, idealerweise sogar nur drei, dann gibt’s mehr Punkte. Das bedeutet, dass man im Laufe des Tages weit genug wegfliegen muss, damit man abends nicht mehr als die sechs Schenkel braucht, um die 1000 km voll zu bekommen. Und genau das haben Max und Markus 2016 falsch gemacht: sie haben an dem Tag beide nicht so richtig an die 1000 km geglaubt, und sind zu früh umgedreht — 25 km weiter nach Norden und es hätte vielleicht geklappt.

Zurück zu Max‘ Flug letzen Samstag. Von Bayreuth aus den fränkischen Wald hinunter Richtung Cham und Arnbruck lief es gut. Von dort über Regensburg war ein leichtes Tief, aber als der Rückweg dann sehr schnell lief, hat Max wieder Mut gefasst: es könnte tatsächlich reichen … Er flog bis ungefähr Aalen, und weil er noch Schenkel übrig hatte, konnte er nochmal durch das gute Wetter zurück nach Regensburg.

Als er in 2000 m abends nach 19:00 Uhr über den Messelberg nach Westen weitergeleitete schickte er ein Handybild mit 1038 km auf dem Zähler an seinen Vater. Am Ende sollten es 1055 werden. Niemand ist an diesem Tag in Deutschland weiter geflogen! Herzlichen Glückwunsch!

Den OLC gewonnen hat dann übrigens Max 2, der mit einem etwas schlechteren Flugzeug ein paar weniger km geflogen ist, was ihm in Summe 50 Punkte mehr brachte.

Kleiner Wermutstropfen für unseren Max: es war kein FAI Dreieck, denn das war nach dem morgendlichen wetterbedingten Abbruch der geplanten Strecke nicht mehr möglich. Als ich Max abends gefragt habe was er denn nun macht nachdem er sein großes Ziel erreicht hat, meinte er: „Jetzt muss ich das ganze ja noch als Dreieck schaffen.“

Fünf Tage später, Himmelfahrtstag. Das Wetter war ähnlich gut angesagt. Max war wieder auf dem Trip: 1000 FAI. Die gleiche Hektik morgens, der Nimbus wieder randvoll mit Wasser, Start gegen 9:30 Uhr, Schlepp auf ungefähr 2000 m, Abflug die Alb unter. Die lief wohl gut, der Schwarzwald aber nicht so: „Schwarzwald war die Vollkatastrophe“, habe ich Max mal im Funk sagen gehört. Aber er flog einfach immer weiter, einmal quer durch Süddeutschland von Pforzheim nach Eisenach, runter nach Bayreuth. Da habe ich ihn per WhatsApp erreicht. „Und? Wie läuft’s?“ „Ich hab noch 350 km, in gut 3 Stunden bin ich zu Hause.“ Am Ende wurde es dann doch noch spannend: „Bin nach Giengen geflogen als letzte Option auf Thermik, und um notfalls sicher den Motor schmeißen zu können. Dann zum Glück noch in Gerstetten bisschen was bekommen sonnst wär das nix geworden. Die Mucken gestern waren heftig!“

Um 19:35 Uhr landet Max mit einem breiten Grinsen im Gesicht auf dem Messelberg. 1003 km FAI waren angemeldet: Titisee, Eisenach, Cham. Geflogen hat er 1018. Ziel übererfüllt und OLC gewonnen, dieses Mal. Wahnsinn!

Max hat damit Vereinsgeschichte geschrieben: der erste, der zweimal 1000 km vom Messelberg geflogen hat. Ganz klasse Leistung! Die Fliegergruppe ist stolz und gratuliert!

Hier sind die beiden Flüge beim OLC:

Kategorien: Segelflug