Schon Ende 2018 befassten sich die Motorflugpiloten der Fliegergruppe Donzdorf mit lohnenden Zielen für einen Ausflug im Jahr 2019. Bald war der Entschluss gefasst, am Himmelfahrts-Wochenende 2019 herausragende Sehenswürdigkeiten in der Bretagne zu besuchen. Die Halbinsel Quiberon und die Schönheit im Atlantik, die bretonischen Insel Belle-Île-en-Mer.
Nach langer Schlechtwetterphase im Frühjahr zeigte sich in den Vorhersagen für diesen Zeitraum dann doch ein Fenster mit sehr gutem Wetter. Also trafen sich die Teilnehmer des Ausflugs am Sonntag 26.05. zur Vorbesprechung und Flugplanung in der Fliegerhütte. Der Blick in die Luftfahrerkarte von Frankreich erzeugte besorgtes Stirnrunzeln. Wie soll man bei diesen vielen Flugbeschränkungsgebieten, militärischen Tiefflugzonen und sonstigen Lufträumen einen machbaren Flugweg an die Westküste Frankreichs finden? Es schien als müsse man Zickzack-Kurs fliegen und ständig die Höhe wechseln! Erleichterung kam mit der Erkenntnis, dass die meisten militärischen Tiefflugzonen und Flugbeschränkungsgebiete an Feiertagen und am Wochenende gar nicht aktiv sind. Also konnte eine fast gerade Flugroute von Ost nach West geplant werden. Auch der erforderliche Flugplan für den grenzüberschreitenden Flug wurde von jedem Piloten vorbereitet und im Vorfeld des Fluges an Eurocontrol übermittelt.
Am Donnerstag, 30.05. um 8:30 Uhr starten 8 Personen in 3 Motorflugzeugen aus Donzdorf bei bestem Wetter Richtung Westen. Die erste Etappe der Route führte südlich an der Kontrollzone Stuttgart vorbei zum SULZ VOR und von dort über Bremgarten nach Frankreich. Nach knapp zwei Stunden erreichten wir den Flugplatz Beaune, den wir als Tankstopp nutzen wollten. Leider war kein einziges Mitglied des örtlichen Aeroclubs vor Ort und die Tankstelle war leider für Inhaber einer TOTAL Tankkarte nutzbar. Der moderne Automat funktionierte leider nicht mit unseren EC oder Kreditkarten. Also mussten wir zum Tanken einen anderen Flugplatz in der Nähe finden. Der Anruf in Bourges war dann ein Treffer. Auf dem ca. 1 Flugstunde westlich gelegenen Flugplatz war Personal vor Ort und das Tanken mit Karten oder Bar war möglich. Um 10:50 setzten wir den Flug nach Bourges fort. Auf dieser kurzen Etappe wurde das Wetter Richtung Westen leider immer schlechter, die Wolkendecke sank ab und es regnete etwas. Unter erschwerten Sichtbedingungen fanden aber alle Besatzungen den Flugplatz Bourges. Das Betanken und eine langwierige Rechnungserstellung durch den einzigen anwesenden Mitarbeiter des Flugplatzes beanspruchte ganz schön Zeit. Der Mann war an diesem Feiertag Tankwart und Feuerwehrmann in Personalunion. Somit blieb uns nur Zeit für einen kurzen Mittagssnack bei McDonalds am Flugplatz.
Erst gegen 15:40 Uhr konnten wir dann mit vollen Tanks auf die letzte Etappe bis zu unserem Reiseziel gehen. Der Flug führte uns südlich der Stadt Tours und nördlich von Nantes vorbei. Von oben konnten wir sehr schön den Lauf der Loire bis zur Mündung in den Atlantik verfolgen. An der Loire waren herrschaftliche, große Anwesen und Schlösser aus dem Mittelalter von oben zu sehen. Das Wetter wurde Richtung Westen auch wieder sonnig und klar. Am Atlantik angekommen folgten wir noch einige Meilen der Küstenlinie und bestaunten die Mündung der Loire, herrliche Strände und zahlreiche Yachthäfen. Auf dem Wasser waren viele Boote unterwegs und an den Klippen konnten wir Paraglider und Drachenflieger beobachten. Zum Anflug auf Quiberon hatten wir guten Funkkontakt in englischer Sprache mit der Flugleiterin und konnten nach Ausschweben von einer Gruppe Fallschirmspringer, zu Endanflug und Landung eindrehen. Während der ganzen Anreise gestaltete sich die Kommunikation in englischer Sprache mit der Flugverkehrskontrolle in Frankreich als überraschend angenehm und recht gut verständlich. Für den Durchflug von auf der Route liegenden kontrollierten Lufträumen, wurde uns immer eine Freigabe erteilt. Das hat richtig Lust gemacht auf noch mehr Fliegen in Frankreich!
Nachdem auf der Anreise nahezu alle fliegerischen Aufgaben problemlos bewältigt worden waren, standen wir jetzt am Zielort doch vor einem Problem. Viele Franzosen hatten dieses Wochenende auch für einen Kurzurlaub gewählt und deshalb waren Hotelzimmer Mangelware! Kein Internet-Buchungsportal konnte für uns Zimmer in Quiberon finden. Die nächstgelegenen freien Zimmer waren auf der Insel Belle-Île. Dort konnten wir auch nicht alle gemeinsam unterkommen, sondern mussten auf verschiedene Unterkünfte verteilt übernachten. Kurz rüber fliegen auf den nur 10 min Flugzeit entfernten Inselflugplatz von Belle-Île war auch nicht mehr möglich, da alle Piloten schon im Bistro auf dem Flugplatz Quiberon ein Landebierchen getrunken hatten. Also bestiegen wir am Abend die Fähre nach Belle-Île um in unsere Unterkünfte zu kommen.
Den darauffolgenden Tag nutzten wir um die wunderschöne Insel Belle-Île zu besichtigen. Belle-Île ist die größte Insel der Bretagne und misst ca. 87 km². Da es einige Steigungen und Gefälle zurück-zulegen galt, haben wir uns als Fortbewegungsmittel kleine Motorräder ausgeliehen, um die Highlights der Insel zu erkunden. Am Nachmittag fanden wir über ein Internet-Buchungsportal eine neue Übernachtungsmöglichkeit für die ganze Gruppe. Es waren 2 kleine Ferienhäuschen oberhalb einer wunderschönen Bucht mit Zugang zum Strand und einem Gemeinschaftsswimmingpool. Nachdem somit feststand, dass wir noch eine weitere Nacht auf Belle-Île verbringen werden, haben wir auch die Flugzeuge von Quiberon nach Belle-Île überführt. Dies war ein unvergesslich schöner Flug in der Abendsonne übers Meer und um die Insel Belle-Île herum. In dem Ort, an dem sich unsere Unterkunft befand, konnten wir nun am Abend gemeinsam ein gutes Restaurant finden und lokale Spezialitäten genießen. Auch sonst war in dem Örtchen an dem Abend was los. Die Schule veranstaltete ein Straßenfest mit Barbecue und Ausschank von Wein und Bier. Da mussten wir uns natürlich dazusetzen. Nach diesen vielen schönen Reiseerlebnissen war der Abend lang und die Stimmung TOP!
Am nächsten Morgen entscheiden wir uns dann dafür, die Rückreise zu beginnen. Wir hatten viel von der Gegend gesehen und für eine weitere Nacht wäre wieder die Sucherei nach freien Zimmern nötig gewesen. Wir planten den Rückflug mit Tankstopp auf halber Strecke auf dem Platz Aubigny sur Nère mitten in Frankreich. Nach 2h 12 min Flug mit Kurs Westen erreichten wir diesen kleinen Flugplatz. Nach dem Betanken der Maschinen war der Vereinsvorstand so freundlich uns in den kleinen Ort zu fahren, damit wir dort etwas zu Mittag essen konnten. Gegen 16:30 Uhr brachen wir dann zur letzten Etappe unserer Heimreise auf. Diesmal führte unsere Route etwas nördlicher entlang über Colmar und SULZ VOR zurück nach Donzdorf.
Es zeigte sich auch bei dieser Reise: Man kann Europa optimal mit dem Kleinflugzeug bereisen.
Frankreich ist sehr gut mit Flugplätzen an vielen schönen Orten ausgestattet und man wird freundlich empfangen. Ist man zu dritt oder zu viert im Flugzeug unterwegs, halten sich auch die Kosten im Rahmen, wenn man einen Vergleich zieht zu den Kosten von Benzin und Autobahnnutzungsgebühren in unserem Nachbarland.
Text und Bilder: Oliver Aschmann